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Verbraucherkreditrichtlinie: Neue Regeln für Kredite

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Rubrik: Kredite

 

Am 11. Juni 2010 tritt die Verbraucherkreditrichtlinie in Kraft, die neue "Spielregeln" für Kreditgeber und Kreditnehmer aufstellt. Banken, Sparkassen und Darlehensvermittler sind schon seit Wochen mit Hochdruck dabei, die neuen Regeln umzusetzen. Wie sehen diese konkret aus, was ändert sich für den Verbraucher?

Verbraucherkreditrichtlinie: Neue Spielregeln für Konsumentenkredite und Vorfälligkeitsentschädigung

Betroffene Produkte

Betroffen sind fast alle Arten von Verbraucherkrediten, Höhe zwischen 200 und 75.000 Euro, das sind die klassischen Ratenkredite (Konsumentenkredite), aber auch Dispositionskredite und und Renovierungskredite. Kriterium: Sie müssen befristet sein, also eine vertraglich vereinbarte Laufzeit haben.

Ausdrücklich nicht von allen Regelungen betroffen sind hingegen Baufinanzierungen (Darlehen, die durch ein Grundpfandrecht wie Grundschuld oder Hypothek abgedeckt sind). Für diese gelten zwar die Vorschriften für die Zinsnennung, nicht aber für die neuen Kündigungsfristen. Zinsfreie Darlehen und Förderkredite sind ganz ausgenommen.

Die Regelungen gelten für alle betroffenen Neuverträge, Abschluss ab dem 11. Juni 2010. Bestehende Verträge sind davon nicht betroffen, hier findet keine Änderung der rechtlichen Stellung statt.

Mehr Information, konkretere Zinsnennung bei Konsumentenkrediten

  1. In der Werbung darf nur noch mit einem Zins geworben werden, dem mindestens zwei Drittel der aufgrund der Werbung zustandegekommenen Geschäfte entsprechen. Das bedeutet einfach ausgedrückt: Die Anbieter dürfen nicht mehr mit einem "Lock"zinssatz werben, den nur wenige Kunden dann erhalten würden.
  2. Genannt werden muss der
    - Sollzinssatz (bisher Nominalzinssatz genannt)
    - der Nettodarlehensbetrag
    - der effektive Jahreszins (also das, was tatsächlich an Kosten inklusive aller Gebühren auf den Kreditnehmer zukommt).
  3. Künftig ist beim Sollzinssatz anzugeben, ob dieser gebunden, veränderlich oder kombiniert ist und welche sonstigen Kosten der Kunde im Fall eines Vertragsabschlusses zu entrichten hätte.
  4. Vor Vertragsabschluss (also vor Unterschrift) muss dem Kreditinteressenten ein standardisiertes Formblatt mit allen relevanten Informationen zum Kreditangebot übergeben werden. Baufinanzierungskunden kennen ein solches Standardblatt schon seit 2005. Ziel ist, dass der Interessent alle Angebote leichter vergleichen kann, wenn die Infos a) alle genannt sind (das war bisher nicht immer so) und b) bei allen Angeboten immer an der gleichen Stelle, mit den gleichen Bezugsgrößen stehen.
  5. Auch kann der Verbraucher vor Vertragsabschluss einen Tilgungsplan fordern - er muss allerdings selbst aktiv werden und ihn verlangen, das Kreditinstitut kann ihn freiwillig immer mit ausdrucken, muss es aber nur auf Verlangen.
  6. Es muss deutlich gemacht werden, ob es sich beim Anbieter um einen Vermittler oder einen Produktgeber handelt. Eine Bank ist nicht automatisch immer ein Produktgeber. Beispiel Volks- und Raiffeisenbanken: Diese vermitteln den Ratenkredit nur, die Teambank steckt dahinter mit dem easycredit, ist also in dem Fall Produktgeber.
  7. Die Provision, die ein Vermittler für die Darlehensvermittlung erhält, muss ausgewiesen werden. Hinweis: In dem Darlehensvergleichsrechner von FMH, den Geld-Magazin.de anbietet, ist diese Provision in Höhe von 1 % in die Zinsangabe dann mit eingerechnet.

Neuregelung des Kündigungsrechts und Einführung Vorfälligkeitsentschädigung

Bisher konnten Kunden ihre befristeten Ratenkreditverträge erstmals nach 6 Monaten, mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten, kündigen. Teilrückzahlungen waren, wenn vertraglich vereinbart, danach ebenfalls möglich, häufig gegen Gebühr.

Neu: Jederzeitige vollständige oder teilweise Rückzahlung des Darlehens durch den Kunden ist möglich. Was sich im ersten Moment wie ein Vorteil anhört, ist eher eine Verschlechterung. Denn Wenige haben bisher in den ersten 6 Monaten nach Geldaufnahme den Kredit gleich wieder gekündigt.
Und jetzt darf der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung bis zu 1 % des vorzeitig zurückgezahlten Betrages verlangen. Bei Laufzeiten bis zu 12 Monaten darf die Vorfälligkeitsentschädigung maximal 0,5 % betragen.

Weitere Neuerungen durch die Verbraucherkreditrichtlinie

Wenn der Kreditanbieter die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtunterlagen nicht zum Vertragsabschluss aushändigt, sondern nachreicht, verlängert sich die Widerrufsfrist um diesen Zeitraum.

Ab 11. Juni 2010 können Verbraucherkredite auch online abgeschlossen werden - bisher waren sie ausdrücklich davon ausgenommen. Man konnte nur einen Antrag stellen, und musste zur Rechtsgültigkeit auf jeden Fall noch das Papier "in echt" unterschreiben. Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit ist allerdings eine qualifizierte elektronische Signatur, nicht einfach nur ein Click "ja, ich will".

Bei kombinierten Verträgen (Sparplan mit Kredit) müssen die Sparbeträge nicht in den Gesamtkosten ausgewiesen werden.

Fazit: Die Änderungen bringen mehr Transparenz und bessere Vergleichbarkeit der Angebote. Gut ist, dass endlich generell der effektive Jahreszins genannt werden muss, und vor allem derjenige, den die meisten auch kriegen würden.

Nicht alle Banken sehen die Änderungen so positiv wie Ralf Eibel, Vertriebsvorstand der PSD Bank Köln: "Die Neuerungen erfordern von uns als Bank weitreichende Umstellungen. Dennoch begrüßen wir die Verbraucherkreditrichtlinie im Sinne eines verbesserten Verbraucherschutzes."
Denn für viele Kreditinstitute und vor allem auch für die Vermittler sind die Zeiten von "Schaufensterzinsen" vorbei ...

Geld-Magazin.de, 4.6.2010


gedruckt am  28.03.2024