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Die Krise in Griechenland offenbart Probleme der EU

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Die Griechenlandkrise legt Konstruktionsfehler der Eurozone bloß. Sie verdeutlicht, dass Staaten für die Schulden anderer Länder einstehen müssen, obwohl dies vertraglich ausgeschlossen wurde. Als besonders problematisch erweist sich, dass den Akteuren auf den Finanzmärkten offenbar seit Langem bewusst war, dass diese sogenannte No-Bail-Out-Klausel im Ernstfall fallen würde.

Die Krise in Griechenland offenbart Probleme der EU © El Gaucho - Fotolia.com

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Griechische Finanzen aus dem Gleichgewicht

Bisweilen sind die Gründe für ruinierte Finanzen eines Staats sehr komplex. Irland hat beispielsweise einen großen Teil seiner Schulden nur deswegen angehäuft, weil die nationalen Banken in der Finanzkrise gerettet werden mussten.  

Der Fall Griechenland liegt anders, hier sind die Schulden so entstanden, wie auch bei den meisten überschuldeten privaten Haushalten: Griechenland hat ständig mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Manchmal sind also auch einfache Erklärungen richtig. Zumindest beschreibt diese simple Feststellung die mit Abstand wichtigste Ursache der Krise in Griechenland. Auch hier hat die weltweite Finanzkrise die Geldprobleme spürbar verschärft. Aber letztlich wurde der Verlauf der hausgemachten Krise dadurch nur beschleunigt.

Der Euro als eine Ursache der Krise

Griechenland weist heute eine Verschuldung von 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf, erlaubt sind laut dem Europäischen Stabilitätspakt lediglich 60 Prozent. Trotz dieser Überschuldung hatte das Land keine Schwierigkeiten, sich bei privaten Anlegern ständig mehr Geld zu leihen.  

Noch wenige Wochen vor Ausbruch der Krise stuften Ratingagenturen den griechischen Staat als Schuldner mit hervorragender Bonität ein. Offenkundig lag dieser Einstufung die Vermutung zugrunde, dass andere Euro-Staaten im Ernstfall für die griechischen Schulden haften würden. Bislang scheint diese Spekulation aufzugehen, noch fließt das erforderliche Geld zur Schuldentilgung.

Sind Finanzhilfen für Griechenland sinnvoll?

Letztlich geht es bei den gegenwärtigen Hilfen für das überschuldete Land nur darum, Zeit zu gewinnen. Wenngleich Vergleiche zwischen privaten und staatlichen Haushalten mit größter Vorsicht zu genießen sind, dieser Vergleich trifft den Punkt sehr gut: Wer mit 1,7 Jahresgehältern verschuldet ist und zugleich regelmäßig höhere Ausgaben als Einnahmen hat, wird seine Schulden niemals komplett zurückzahlen können.  

Gegenwärtig werden die griechischen Schuldscheine – also die Staatsanleihen – im großen Stil umgeschichtet. Andere Euro-Staaten übernehmen de facto Teile der Schulden und die Europäische Zentralbank hat Anleihen im Wert von etwa 75 Milliarden Euro aufgekauft. Wenn der nach einhelliger Expertenmeinung unvermeidliche teilweise Schuldenerlass erfolgt, werden private Gläubiger sich so weit zurückgezogen haben, dass keine Bankenpleiten mehr drohen.

Wie reagiert Deutschland auf die Krise?

Deutschland ist als größtes EU-Land an den Rettungsschirmen stärker beteiligt als andere Staaten, haftet also mit einer größeren Summe. Längst nicht jeder Euro, der nach Griechenland zur Tilgung der Schulden fließt, wird jedoch freiwillig überwiesen. Deutsche Landesbanken gehören zu den Gläubigern Griechenlands.  

Wenn Schulden nicht zurückgezahlt werden können, haftet der Steuerzahler ohnehin für die Verluste der Landesbanken. Letztlich bleibt nur die Wahl, diesen Teil der Schulden entweder direkt an die Landesbanken zu überweisen oder den Umweg über Griechenland zu wählen. In beiden Fällen zahlt der Steuerzahler jeden Euro. Und in beiden Fällen kommt jeder Euro bei den Landesbanken an.

Geld-Magazin.de, 24.06.2011


gedruckt am  19.04.2024