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Sind den Banken ihre Kunden egal?

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Rubrik: Aktuell

 

Wälzen sie sich lieber wie Dagobert Duck im Geld ihrer Kunden? Gewiss, das ist eine provokante Frage. Aber wenn man sich die derzeitige Werbung der Banken, ihr Verhalten gegenüber dem Kunden vor allem seit Ausbruch der Finanzkrise, ihre Produkte, ihre Äußerungen über den Kunden ansieht .... dann bleibt fast nur dieses Fazit.

Scheffeln Banken nur Geld und vernachlässigen ihre Kunden?

Konditionspolitik die erste: Zinsen zwischen Darlehen und Anlage klaffen weit auseinander

Im Zuge der Finanzkrise wurde die Geldbeschaffung für die Kreditinstitute immer billiger; der Leitzins ist historisch tief. Diese niedrigen Zinsen wurden sehr schnell an die Kunden weitergegeben - für Tagesgeld wird nur noch knapp über 1 % durchschnittlich gezahlt, Festgeld ist auch nicht viel höher. Mangels risikoloser Alternativen bleiben die Kunden ja ....

Der Darlehenszins (Dispozins und Konsumentendarlehen) ist dagegen fast genauso hoch wie im Sommer 2008. Argument: Das Risiko sei ja höher, das müsse man abdecken. Und vorher gab es wohl kein Risiko?

Konditionspolitik zum zweiten: Gebühren für Girokonto, Geld abheben, Zusatzgebühren

Es wurde hier in Geld-Magazin.de nie die Forderung aufgestellt, Banken und Sparkassen müssten ihre Produkte kostenlos anbieten. Auch an einem Girokonto sollen die Kreditinstitute verdienen können. Was aber nicht nachvollziehbar ist: sie verdienen ja schon gut an der Differenz, was sie für die Guthaben auf dem Girokonto zahlen (nämlich meist nichts!) zu dem, was sie mit dem Ausleihen dieser Gelder verdienen. Und dass Kunden noch zusätzlich je Transaktion zahlen sollen, auch wenn sie diese Transaktionen online selbst einstellen ... das ist unseres Erachtens immer noch ziemlich grenzwertig.

Die Argumentation, dass ja Sparkassen und Volksbanken soviele Filialen unterhalten müssen, soviele Berater für den Kunden stellen müssen, und dass nur Direktbanken kostenlose Girokonten anbieten können, stimmt einfach nicht. Warum können das zum Beispiel auch die Sparda-Banken? Die PSD-Banken? Oder die norisbank?

Einer unserer "Lieblingsaufreger" ist das Thema Geld abheben an fremden Geldautomaten. Eine solche Transaktion kostet die Kreditinstitute normalerweise runde 0,74 Euro. Jetzt meinen aber manche Banken, sie können daran verdienen, und verlangen von der Bank des Kunden schon einmal bis zu 10 Euro. Und dass diese es ihrem Kunden weiterberechnet, ist ja wohl klar. Andere hingegen meinen, sie können Kunden mit Strafe und Disziplinierung dazu bringen, wieder bei ihnen Kunde zu werden ... Denn so und nicht anders ist die Maßnahme vieler Sparkassen zu verstehen, ihre Geldautomaten für Kunden von Direktbanken, die mit ihrer VISA-Karte weltweit kostenlos Geld abheben können, zu sperren. Da wird lieber auf die Einnahme verzichtet, und dafür der Kunde abgestraft. Ob dieser Kunde dann wirklich kleinlaut wieder "zurückgekrochen" kommt? Statt gebührenfreiem Girokonto zu einem gebührenpflichtigen Konto (wie auch immer das Modell dann aussieht), keiner Guthabenverzinsung, dafür ordentlichem Dispozins, und nicht mehr weltweit kostenloser Bargeldversorgung? Ach so, die Kreditkarte muss ja sowieso separat bezahlt werden ...

Mal ganz zu schweigen von den vielen Zusatzgebühren, die für Sonderdienstleistungen außerhalb der Standardkontoführung erhoben werden. Da kostet eine ec-Kartensperrung locker mal 15 Euro (Deutsche Bank), die neue Karte dann nochmal 15 Euro (Postbank, Deutsche Bank).

Bisher nicht durchgesetzt: Honorarberatung

Karl Matthäus Schmidt war schon einmal Vorreiter und Wegbereiter für eine Revolution im Bankensektor: Er gründete Anfang der 90er Jahre Consors, den Discountbroker. Heute sind die Direktbanken und das Online-Brokerage nicht mehr vom Markt wegzudenken.

Sein neuer Geschäftsansatz mit der Quirin Bank, nämlich Honorarberatung statt Produktverkaufsprovision, scheint allerdings nicht so gut aufzugehen. Die Kundenzahlen halten sich in Grenzen. Und ob seine aktuelle PR-Masche, nämlich mit Schmutz auf "die etablierten Banken" zu werfen, der Quirin Bank mehr Geschäft bringt, bleibt abzuwarten.

Aussagen wie "Banken haben in der Regel kein Interesse daran, ihre Produkte so transparent und einfach zu gestalten, dass sie auch von den Kunden verstanden werden. Der Grund dafür ist ganz einfach: je verständlicher ein Produkt ist, desto weniger lassen sich darin Gebühren und Provisionen verpacken. Umgekehrt gilt: je komplexer und schwieriger ein Produkt, zu verstehen ist– denken Sie etwa ein Zertifikat - desto leichter kann man darin Gebühren verstecken. Und Gebühren  will die provisionsorientierte  Bank einnehmen, weil sie damit ihr Geld verdient. Es kann also - systembedingt – gar nicht im Interesse der Bank liegen, Produkte einfach und verständlich zu gestalten." (Quelle: Social Banking 2.0 Blog, Interview am 4. März 2010) bzw. Schlagzeilen wie "Abzocktricks der Finanzberater. Ein Banker packt aus! Ein Insider (= Schmidt) über die miesen Tricks seiner Branche" (TV-Zeitschrift HörZu Heft 11/20010) sind unseres Erachtens einfach nur marktschreierisch und wecken ehrlich gesagt nicht gerade Vertrauen ...

Social Banking, green banking sind die neuen Trends

Nachdem 2009 doch einige Kunden zu den ethisch / ökologisch ausgerichteten Banken abgewandert sind, besinnen sich viele Banken auf diesen so gut nutzbaren Marketingtrend. Bestes Beispiel für einen "Wolf, der Kreide gefressen zu haben scheint", ist die Targobank. "So geht Bank heute" - hört sich gut an. Und sie will vieles besser machen als unter ihrem bisherigen Namen Citibank, als sie einen eher schlechteren Ruf wegen des aktiven Verkaufs Konsumentenkredite hatte. Und zwar deswegen, den Kunden dann schnell in immer höhere Verschuldungen, zu immer höheren Zinsen, zu bringen. Ein Blick auf das Produktangebot zeigt aber leider: Außer bei den recht netten "Willkommens-Angeboten" geht es mit der Darlehenskondition (bonitätsabhängig, eine der höchsten Bearbeitungsgebühr am Markt) sehr schnell in ziemlich drastische Höhen. Auch die Beratung vor Ort hält nicht immer, was der Slogan verspricht (siehe Produkt im Test - Willkommens-Festgeld).

Und wenn man sich die tatsächlichen Neukundenzahlen der GLS Bank, Ethikbank, Umweltbank 2009 ansieht, nämlich zusammen runde 23.000, dann fragt man sich: Und die anderen 39,977 Millionen Bankkunden in Deutschland? Warum wechseln die nicht? Ist die Unzufriedenheit nicht groß genug, oder anders herum die Bequemlichkeit größer als der Wechselwille?

Social Banking ist eben nicht nur allein die Ausrichtung auf soziale Komponenten. Dazu gehört auch, dem Kunden zuzuhören.
Interessant hier die Meinung von Lothar Lochmaier, einem Experten zum Thema Social Banking: "Die Leitfrage:  Sind soziale Kreditbörsen und das Community Banking tatsächlich nur was für Kunden, die woanders nicht zum Zuge kommen, also letztlich unseriöse Leute? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Innovationsstrategie der Direktbanken in Abgrenzung zu den sozialen Netzwerken und Social Media ganz aufgeht. Sicherlich sind finanzielle soziale Netzwerke kein Selbstläufer, so wie es vor einem Jahrzehnt den Direktbanken quasi handstreichartig gelang, mit ihren innovativen Services zum Online-Banking die Welt der Banken doch erheblich durcheinander zu wirbeln. Auch diese Herausforderung nahmen die Traditionalisten anfangs nicht ernst. Sind jetzt die Direktbanken die neuen Traditionalisten?"

Web 2.0 bringt Banken ganz andere Herausforderungen

Denn inzwischen sind Millionen Deutsche in Foren aktiv, lesen Blogs und Produktempfehlungen. Schon 58 % geben an, sich vor einer Kaufentscheidung im Internet genau in solchen Communities Rat zu holen. Hier sollten Kreditinstitute mal genau hinhören, was die User zu sagen haben. Denn das sind ihre Kunden! Und Kunden wollen nicht nur schöne (Werbe)-Worte, sondern ernstgenommen werden. Produkte und Services für ihren Bedarf, und nicht weil es sie schon immer so gegeben hat ....

Geld-Magazin.de, Anette Rehm, 23.03.2010


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